Altersdiskriminierung in Stellenausschreibungen. Eine Studie des niederländischen Instituts für Menschenrechte

Das Institut für Menschenrechte in den Niederlanden hat die Häufigkeit und Folgen der Altersdiskrimierung in Stellenanzeigen untersucht. Für die Nachforschung hat das Institut die Daten von Jobfeed genutzt. Wir haben Katja Korte von der niederländischen Menschenrechts Institution gefragt, wie sie in der Studie vorgegangen sind und was die Ergebnisse waren.

Wie kam die Forschung zustande?

„Unsere Institution hat ein Programm, das sich mit der Arbeitsdiskriminierung beim (Wieder-)Eintritt in den Arbeitsmarkt beschäftigt. Dass Thema der Diskriminierung spielt eine Rolle in der ungünstigen Positionierung älterer Menschen auf dem Arbeitsmarkt: Es ist schwierig für sie, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Dieses bestätigt sich auch in den von uns bearbeiteten Fällen und zeigt, dass Altersdiskriminierung immer noch ein aktuelles Problem ist. Wir wollten den Umfang und die Auswirkungen des Problems untersuchen und transparent machen. “

„Für frühere Forschungen hat die Vrije Universiteit in Amsterdam einen Algorithmus entwickelt, um Anzeigentexte nach Elementen zu durchsuchen, die möglicherweise diskriminierend sind. Für diese Forschung haben wir diesen Algorithmus weiter entwickelt. In den früheren Untersuchungen haben wir gesehen, dass der zu diesem Zeitpunkt verwendete Datensatz auf 3 oder 4 Datenbanken beschränkt war. Aus diesen Grund haben wir uns für die aktuelle Studie an Textkernel gewendet.“

Die Forschung


Die Studie verwendet Daten über alle offenen Stellen im Jahr 2017, das waren mehr als rund 1,8 Millionen duplikatfreie Stellenanzeigen. Der verfeinerte Algorithmus hat die Anzahl der duplikatfreien Stellenanzeigen ermittelt, bei denen eine Diskriminierung des Alters vorliegt. Wir haben uns sowohl direkte als auch indirekte Altersverwiese angesehen. Eine direkte Altersangabe ist zum Beispiel: „Wir suchen jemanden zwischen 25 und 30 Jahren“ oder „gefragt: junger Kandidat“. Indirekte Altersangaben sind Beispielsweise „Starter gefragt“ oder „wir suchen jemanden, der gerade seinen Abschluss gemacht hat“. Letztere Kategorie der Altersangaben scheint häufiger zu sein: zwischen 2,14% und 3,17% der offenen Stellen, je nachdem wie streng der Algorithmus war. Direktverweise erfolgten in 0,14% bis 0,33% aller Online-Stellen im Jahr 2017.

Die Prozentsätze erscheinen möglicherweise sehr niedrig aber bei 1,8 Millionen duplikatfreien Stellenanzeigen, ergeben diese in absoluten Zahlen immer noch ein beträchtliches Ausmaß: mehr als 40.000 bis 60.000 (indirekte Altersverweise). Darüberhinaus untersucht das Institut für Menschenrechte auch die Folgen von Diskriminierung.

Diskriminierungs-Umfang und dann?

„Nun ist der Umfang bekannt, aber wir wollten auch wissen, was diese Zahl genau bedeutet. Wie fatal ist es und was sind die Konsequenzen? Aus diesem Grund haben wir eine Vignetten-Studie durchgeführt, in der wir Arbeitsuchende im Alter von 40 bis 65 Jahren, sowohl Arbeitnehmer als auch Nicht-Erwerbstätige, Stellenanzeigen gezeigt haben und gefragt haben, ob sie sich für diese Stelle bewerben würden. Auf diese Weise haben wir herausgefunden, welche Merkmale einer Stellenanzeige ausschlaggebend sind, für die Entscheidung sich auf eine Stelle bewerben oder nicht. “

Hauptgrund für das Nichtbewerben

„Gründe, sich nicht auf eine freie Stelle zu bewerben, können Reisezeit, Gehalt oder Art des Vertrags sein, aber auch direkte oder indirekte Hinweise auf Alter. Altersdiskriminierung war der Hauptgrund für eine Nichtbewerbung. Neben der Tatsache, dass Diskriminierung gesetzlich verboten ist, gibt es noch einen zweiten Grund direkte und indirekte Altersverweise aus der Stellenanzeige zu eliminieren: Die Gefahr hervorragendes Arbeitspotential zu verpassen.“

Die Spitze des Eisbergs

„Diskriminierung wird nicht nur im Anzeigentext zum Ausdruck gebracht, sondern auch in den Folgeschritten wie der Auswahlrunde. Was wir jetzt gefunden haben, ist die Spitze des Eisbergs, darunter liegt ein Problem, von dem wir denken, dass es viel größer ist. Indem wir nun auf Altersdiskriminierung in Stellenangeboten aufmerksam machen, versuchen wir einen Schneeballeffekt zu erzeugen. Bisher führt Altersdiskriminierung zu Lasten älterer Arbeitssuchender immer noch zu wenig Empörung. “

Wie geht es weiter?

„Was wir in den Daten von Textkernel deutlich sehen konnten, war, woher die Stellen kamen. Mit den zwölf Unternehmen, die 40% der Stellenanzeigen mit Altersdiskriminierung ausmachen, sind wir vor der Veröffentlichung unserer Studie in die Diskussion gegangen und wurden überall gut aufgenommen und ernst genommen. Diese Unternehmen zeigten, ohne Ausnahmen, Verständnis für die Problematik und waren offen für Verbesserungen.“

„Zu einem großen Teil ist es um das schaffen von Bewusstsein und dabei geht es oft um die indirekten Formulierungen. Das war auch unser Ziel: Bewusstsein schaffen. Nicht nur mit diesen zwölf Unternehmen, sondern mit allen. Es ist sehr wichtig, dass alle Unternehmen über ihre Stellenanzeigen nachdenken und sich aktiv fragen, ob die gewählten Begriffe neutral sind oder vielleicht bestimmte Personen ausschließen. Dort kann so viel Profit gemacht werden.“

Das Institut hat die Absicht die Studie in zwei Jahren zu wiederholen.